Der Bundesgerichtshof hat in dieser Woche eine wegweisende Entscheidung zur Mietminderung im Falle von Umgebungslärm veröffentlicht (BGH, Urteil vom 29. April 2020; VIII ZR 31/18 (hier abrufbar)).
In dem zu entscheidenden Fall war in einer Entfernung von 40m zu der vermieteten Wohnung in Berlin ein Neubau errichtet worden, der zu einer erhöhten Lärmbelästigung geführt hatte. Das Landgericht Berlin hatte dem Mieter die von ihm beanspruchte Mietminderung von 10% zugesprochen.
Diese Auffassung teilte der BGH explizit nicht. Er bestätigt nunmehr erneut seine bisherige Rechtsprechung zu der sog. „Bolzplatz-Entscheidung“ (BGH, Urteil vom 29. April 2015; VIII ZR 197/14) und beendet damit einen langjährigen Meinungsstreit der Instanzgerichte:
Für während der Mietzeit auftretende – von Nachbargrundstücken ausgehende – erhöhte Geräuschimmissionen können Wohnungsmieter keine Mietminderung geltend machen, wenn auch dem Vermieter keine Abwehr- und Entschädigungsmöglichkeiten gegenüber dem Lärmverursacher zustehen.
Haben Mieter und Vermieter bei Vertragsabschluss keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung über die Grundstücksumgebung getroffen, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass Baustellenlärm keinen zur Mietminderung berechtigten Mangel i. S. d. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt. Der vertraglich geschuldete Zustand wird in diesem Fall unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben bestimmt. Demnach könne dem Vermieter nicht einseitig das Risiko einer lärmintensiven Nutzungsänderung auf einem Nachbargrundstück zugewiesen werden – zumindest nicht dann, wenn er diese selbst ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten gemäß § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss. Insofern treffe den Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die dazu führen, dass im Verhältnis zum Lärmverursacher weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche bestehen.
Mit dieser Entscheidung stellt der BGH klar, dass die dort aufgestellten Anforderungen in gleicher Weise für die von Baustellen ausgehende Geräuschimmisionen gelten.
Quelle: Breiholdt Voscherau, Immobilienanwälte